Regionale Wildpflanzen für artenreiche Wiesen

Ein Traktor auf einem Feld.

Mahdgutübertragungen sind eine Möglichkeit, um Pflanzenarten zu verbreiten. Das Mahdgut wird von der Spenderfläche auf die vorbereitete Empfängerfläche übertragen.

Um den anhaltenden Verlust von artenreichen Wiesen aufzuhalten, hat sich im Verbundprojekt „Blütenvielfalt – RegioProD“ ein starkes Bündnis formiert. Der Name ist Programm. Der Landschaftspflegeverband Naturschutzfonds Wetterau e.V. hat dieses Jahr erste Maßnahmen umgesetzt.

Artenreiche Wiesen sind ein historischer Bestandteil unserer Kulturlandschaft und spielen eine zentrale Rolle für die Biodiversität. Viele Insektenarten sind eng mit bestimmten Wildpflanzen verbunden und auf deren Blühzeitpunkt oder Blütenaufbau angewiesen. Ein Drittel der heimischen Wildbienenarten ernähren sich zum Beispiel nur von einer Pflanze. Eine hohe Pflanzenvielfalt zieht entsprechend mehr Insektenarten an.

Durch multifaktorielle Gründe sind artenreiche Wiesen jedoch selten geworden, was zu einem Rückgang von Pflanzen- und Tierarten führt. Daher ist es wichtig, solche Lebensräume wiederherzustellen. Genau hier setzt das Projekt „Blütenvielfalt - RegioProD“ an.

Ziel des Verbundprojekts ist die Aufwertung von Grünlandflächen und die Neuanlage artenreicher Wiesen. Ihnen allen ist gemein, dass sie die genetische Vielfalt der Pflanzen erhalten und den lokalen Insekten als wertvolle Nahrungsquelle und als Lebensraum dienen.

Praxisversuche bei Gedern

Der Naturschutzfonds Wetterau e.V. hat als Praxispartner im Projekt „Blütenvielfalt“ in diesem Sommer auf mehreren Flächen bei Gedern Praxisversuche durchgeführt, die die verschiedenen Verfahren zur Grünlandaufwertung nebeneinander erproben.

Methoden im Vergleich

Die erste angewandte Arbeitsweise ist die Mahdgutübertragung. Hierzu benötigt man eine gut entwickelte, arten- und kräuterreiche Wiese, die sogenannte „Spenderfläche“. Diese wird zum Zeitpunkt der Samenreife der meisten Arten gemäht und das Mahdgut wird unmittelbar auf die dafür vorbereitete „Empfängerfläche“ übertragen. Dort fallen die Pflanzensamen der Spenderfläche aus und es etablieren sich neue Arten auf der zuvor artenarmen Empfängerfläche. Dabei ist es von hoher Bedeutung, dass die beiden Flächen möglichst gut zusammenpassen. Standortbegebenheiten wie Boden- und Wasserhaushalt, Exposition und Nutzung sollten möglichst ähnlich sein, um einen bestmöglichen Erfolg zu erzielen. Durch die räumliche Nähe wird zudem sichergestellt, dass die Pflanzen genetisch möglichst passend sind und lokale Bestände gestärkt werden.

Auf den Versuchsflächen wurde außerdem eine Einsaat mit Regio-Saatgut durchgeführt. Die verwendete Saatgutmischung wurde von den beteiligten Hochschulen im Projekt „Blütenvielfalt“ zusammengestellt und speziell an die Standorte angepasst. Das Saatgut besteht ausschließlich aus heimischen Wiesenkräutern und Gräsern und stammt ebenfalls aus der Region. Neben dem Erhalt der genetischen Vielfalt der Pflanzenarten wird so auch die lokale Insektenwelt gefördert. Während herkömmliche „Bienenweiden“ oft gebietsfremde Arten oder Zuchtformen enthalten, mit denen insbesondere Wildbienen wenig anfangen können, stellt das Regio-Saatgut auch eine Nahrungsquelle für spezialisierte Bestäuber und weitere Insekten dar.

Jetzt heißt es: Geduld, Geduld, Geduld

Der Erfolg der Maßnahmen lässt sich nicht direkt überprüfen. In der Regel vergehen einige Jahre, bis sich stabile Pflanzengesellschaften etabliert haben. Manche Arten setzen sich erst über die Zeit durch, andere werden wieder auskonkurriert. Es braucht also ein hohes Maß an Geduld.

Im Rahmen des Projekts „Blütenvielfalt“ werden bis in das Jahr 2030 jährlich Kontrollaufnahmen der Vegetation angefertigt, die die Entwicklung des ehemaligen Ackers und der aufgewerteten Grünlandflächen dokumentieren. Die Flächen werden in den nächsten Jahren auch als Demonstrationsflächen im Rahmen von Workshops dienen. Weitere Versuchsanlagen folgen im kommenden Jahr.

Der Naturschutzfonds bedankt sich bei Landwirt Markus Oberheim für die Bereitstellung seiner Flächen, die Umsetzung der aufwändigen Maßnahmen und sein außerordentliches Engagement für Naturschutzmaßnahmen in der Agrarlandschaft. „Eine erfolgreiche Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen wäre ohne kooperierende Partnerinnen und Partner aus der Landwirtschaft und die zuständigen Behörden nicht möglich“, sagt Landrat Jan Weckler, Vorsitzender des Naturschutzfonds. „Unser Dank gilt daher allen Akteuren und Akteurinnen, die die Wiederherstellung artenreicher, bunt blühender Wiesen im Wetteraukreis unterstützen.“ 

Das Projekt „Blütenvielfalt – RegioProD“ wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Das Teilprojekt in Hessen wird außerdem gefördert mit Mitteln des Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat. Weitere Informationen finden Interessierte auf der Projekthomepage.

Veröffentlicht am: 29. Oktober 2025