Vielfalt im KITA-Alltag als Chance

Viola Rabien (links) präsentiert gemeinsam mit Schauspielerin Lilli Schwethelm (Mitte) und Inga Tscholitsch die Büchergeschenktüten
Verschiedene Nationalitäten, Familienentwürfe, Migrationsbiographien und Religionen – das ist der Status quo in den Wetterauer Kitas. Dies stellt Kinder wie auch das pädagogische Fachpersonal vor täglichen Herausforderungen. In den Kitas ist – gerade auch durch das Engagement der Fachkräfte, spürbar, dass diese Vielfalt keine Hürde oder Bürde sein muss; sie kann eine Bereicherung für alle sein!
Hier setzt das Programm „KidD’s“ an.
Es basiert auf dem für Kinder zugeschnittenen Anti-Bias-Ansatz von Louise Derman-Sparks, einem Konzept, das Vorurteilsbewusstsein und die Förderung von Vielfalt in der Bildung in den Fokus rückt. Anti-Bias bedeutet „gegen Einseitigkeit“ und hat seine Wurzeln in der US-amerikanischen „Social-Justice“-Bewegung. Als pädagogischer Ansatz für Kinder ab zwei Jahren, ist er auch bekannt als „vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung“.
Um die Fachkräfte in ihrer Arbeit zu unterstützen, bietet die Büchergeschenktüte eine wertvolle Sammlung an Materialien, mit Fokus auf praxisnahe Anregungen zur Förderung von inklusiver Diversität im Kita – Alltag.
Darüber hinaus enthält die Tüte ein Paket an Kinderbüchern, die unsere Vielfalt sichtbarer macht. Hier können Kinder, die sich oder ihr Umfeld selten repräsentiert sehen ein wertschätzendes Identifikationsangebot finden und Kinder, dessen Lebenswelt dort nicht aufgezeigt wird, lernen neue Lebensrealitäten kennen. Unterschiede und Gemeinsamkeiten werden aufzeigt und die Kinder ermutigt über Themen wie Gerechtigkeit und Fairness nachzudenken.
Das Projekt „KidD’s – Kitas in Diversität und Diversität in Kitas“ begeistert Kinder und Fachkräfte in der Wetterau
Bereits 2021 entstand im Wetteraukreis die Projektidee: Viola Rabien, Koordinatorin des WIR – Vielfaltszentrums in Friedberg, kontaktierte Lilli Schwethelm vom „theater mimikri“. Gemeinsam mit Inga Tscholitsch, Kita-Fachberatung der Fachstelle Familienförderung des Wetteraukreises, entstand ein Projekt, das diversitätssensible Inhalte durch ein interaktives Theaterformat in die Kitas der Region bringen sollte. Ziel war es, Kindern und Fachkräften in spielerischer Weise Perspektiven von Vielfalt und Selbstakzeptanz zu zeigen.
Im Laufe der letzten drei Jahre besuchte Lilli Schwethelm mit ihrem interaktiven Erzähltheater über 90 Kitas quer durch die Wetterau. Die Resonanz war überwältigend, denn das Projekt „KidD’s – Kitas in Diversität und Diversität in Kitas“ ist weit mehr als nur ein Theaterstück: Es ist ein Ansatz, der Vielfalt im KITA-Alltag als Chance begreift und Kindern sowie Pädagoginnen und Pädagogen neue Denkanstöße verleihen möchte.
Eine Reise zu sich selbst
Im Mittelpunkt des Projekts steht das interaktive Erzähltheater rund um die Geschichte „Der Besuch der kleinen Dame“, geschrieben und gespielt von Lilli Schwethelm. Die clowneske Erzählung handelt von Anderssein und Selbstfindung. Die kleine Dame, die mit einer festgewachsenen roten Nase geboren wurde, bricht auf zu einer ganz besonderen Reise: Sie will sich selbst be-suchen. Durch ihre ungewöhnliche Entscheidung ist die kleine Dame plötzlich ganz auf sich allein gestellt, erlebt unvorbereitet die Reaktionen der Umwelt auf ihr Anderssein und entdeckt sich selbst in überraschender Weise.
Während der Aufführung erleben die Kinder eine dynamische Mischung aus Schauspiel, Erzählung und interaktiver Teilhabe. Sie beschreiben Bilder, erzählen selbst Teile der Geschichte, singen Lieder, schlüpfen in verschiedene Rollen und können so Gedanken und Gefühle auf kreative Weise ausdrücken. „Es ist erstaunlich, wie ernsthaft und philosophisch Fünfjährige über Themen wie Einsamkeit, Anderssein und Selbstakzeptanz nachdenken können“, erzählt Schwethelm.
Ein Herzensprojekt ohne Hürden
Das Projekt ist so konzipiert, dass es den teilnehmenden Kitas keine zusätzliche Arbeit oder Kosten verursacht. Die Schauspielerin bringt alles mit: eine Leinwand, einen Beamer und besonders ihre Spielfreude. Die einzige Voraussetzung: ein Raum, der für drei Stunden genutzt werden kann.
In den vergangenen drei Jahren besuchte Lilli Schwethelm über 90 Kitas in der Wetterau. Dabei war der direkte Kontakt zu jedem einzelnen der sehr unterschiedlichen Kinder besonders wichtig. Deshalb ist die Anzahl der Teilnehmenden auf 25 Kinder begrenzt.
Kreative Nachbereitung – Wenn Theater weiterwirkt
In vielen Kitas wird das Erlebte, in Anleitung der engagierten Erzieherinnen und Erzieher, kreativ nachbereitet und beeindruckende Ergebnisse sind entstanden. Kinder haben Bilder gemalt, in denen sie die zentrale Szene festhielten, wie die kleine Dame von anderen ausgelacht wird.
Diese intensive Auseinandersetzung zeigt, wie tief die Geschichte die Kinder berührt. „Es arbeitet weiter“, berichtet eine Erzieherin und „wir greifen die Themen konstruktiv in der Gruppe auf.“ Die Diskussionen und kreativen Ausdrucksformen bieten eine wertvolle Grundlage, um Gefühle, Empathie und den Umgang mit Anderssein spielerisch zu bearbeiten.
Durch die Nachbereitung können die Kinder nicht nur ihre Gedanken und Emotionen reflektieren, sondern auch aktiv Lösungswege und positive Perspektiven entwickeln. Das Kitapersonal unterstützt diesen Prozess engagiert und sorgt dafür, dass die Impulse des Projekts nachhaltig in den Alltag einfließen.
Ein wertvolles Angebot
Die Resonanz der Kitas auf das Projekt ist überwältigend positiv. „Ein wertvolles Angebot“, schreibt eine Einrichtung. Eine andere ergänzt: „Vieles davon ist bei uns schon etabliert, aber es gibt auch einige Denkanstöße.“ Ein erfolgreiches Projekt geht zu Ende, doch ein neues Format ist bereits in Entwicklung. Ziel ist es, die wertvollen Erfahrungen aus dem Pilotprojekt aufzugreifen, weiterzuentwickeln und die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten zu stärken, um den Anti-Bias Ansatz als bereichernden Bestandteil des pädagogischen Alltags nachhaltig zu verankern.