Liebe Wetterauerinnen, liebe Wetterauer, 

es wird heutzutage in verschiedenen gesellschaftlichen Kreisen viel darüber diskutiert, was „normal“ ist, was also der Norm entspricht. Meistens geschieht dies in Zusammenhängen, bei denen es darum geht unliebsame Entwicklungen als nicht normal zu stigmatisieren und damit die eigene Lebensweise und Weltsicht zur Normalität zu erklären und bestehende Machtverhältnisse zu zementieren.

Doch was ist normal? Ist es normal, dass im Nordatlantik mit höchstem Einsatz und voller Medienpräsenz nach fünf verunglückten, reichen Menschen gesucht wird, während zeitgleich siebenhundert verunglückte, arme Menschen im Mittelmeer, fast unbeachtet, ihrem Schicksal überlassen werden?

Ist es normal, dass jede Stunde mehr als vierzehn Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt werden? Beinahe jeden Tag versucht, laut einer Mitteilung des Innenministeriums, ein Partner oder ein Expartner eine Frau zu töten. Die deutlich gestiegenen Zahlen zeigen die traurige Realität: Gewalt gegen Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches und alltägliches Problem. Sie wird ausgeübt um Macht über Frauen aufrechtzuerhalten.

Ist es normal, dass es einen Expertenkreis „Muslimfeindlichkeit“ geben muss, dass das Innenministerium von immer mehr Straftaten gegen queere Menschen berichtet, und dass es Programme für die Stärkung der Demokratie geben muss, weil die Demokratie in diesem Land stark bedroht wird?

Haben wir uns schon daran gewöhnt, dass der Hass auf Zugewanderte in Deutschland immer mehr zunimmt? Nein, und das werden wir auch nicht! Ich bin mir sicher, dass die Normalität für die Mehrheit der Menschen in diesem Lande Empathie, Solidarität, Respekt, Offenheit, Toleranz, Gerechtigkeit, Vielfalt und ein Miteinander-Füreinander bedeutet.

Und diese Einstellung wollen wir während der Interkulturellen Wochen besonders herausstellen und besonders betonen, damit wir den Negativschlagzeilen und Negativ-Posts etwas Positives entgegen stellen können. Lassen sie uns zusammenkommen und die Vielfalt und das Miteinander feiern. Lassen sie uns gemeinsam für eine zukunftsorientierte und menschenfreundliche Normalität demonstrieren. Lassen sie uns zeigen, dass es sich lohnt für unsere demokratische und offene Gesellschaft zu kämpfen.

Ich lade Sie daher sehr herzlich ein, die Angebote der Interkulturellen Wochen im Wetteraukreis zu nutzen, um sich ein eigenes Bild von der Vielfalt und der Diversität in unserer Gesellschaft zu machen und aktiv an den Diskussionen zur Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft teilzunehmen. Denn Diversität, Vielfalt, Demokratie und Menschlichkeit ist Normalität!

Stephanie Becker-Bösch
Erste Kreisbeigeordnete des Wetteraukreises
Schirmherrin der Interkulturellen Wochen 2023 im Wetteraukreis