Diversität - was ist das?
Was verbirgt sich hinter „Diversity“? - Kurze Einführung und Hintergrundinformationen
Diversity wird im Deutschen zunächst mit dem Begriff Vielfalt übersetzt. Viele Menschen denken dabei zunächst an „ethnische Vielfalt“ – auch weil Diversity oft in Zusammenhang mit Integrationspolitik verwendet wird. Bei Diversity handelt es sich jedoch nicht nur um interkulturelle Vielfalt im Sinne der multiethnischen Zusammensetzung unserer Gesellschaft. Vielmehr umfasst Diversity die Vielfalt aller Menschen und bezieht sich wesentlich auf die sechs im AGG berücksichtigten Merkmale Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion/Weltanschauung und sexuelle Identität.
Diversity ist mehr als Vielfalt
Diversity ist jedoch noch mehr als eine bloße Zustandsbeschreibung gesellschaftlicher Vielfalt.
Diversity ist auch …
- ein menschenrechtlich orientiertes Verständnis von Vielfalt, das auf gleiche Rechte abzielt und dabei die Vielfalt und Komplexität von Menschen und ihren Lebenslagen berücksichtigt;
- ein Perspektivenwechsel vom problemzentrierten hin zu einem ressourcenorientierten Verständnis von Zielgruppen;
- ein Organisations-und Personalentwicklungsinstrument, das zu höherer Effizienz und Kreativität in Arbeitsprozessen, besserer Kundenorientierung und mehr sozialer Gerechtigkeit führt.
Jeder Mensch ist in sich vielfältig
Niemand ist ausschließlich „Frau“, „muslimisch“, „jüdisch“, „alt“ oder „behindert“. Vielmehr sind wir alle in irgendeinem Alter, sind gesund oder leben mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, ordnen uns einem Geschlecht zu oder nicht, haben hetero- oder homosexuelle Partnerschaften, sind religiös oder nicht, pflegen unterschiedliche Weltanschauungen und haben Wurzeln in unterschiedlichen Ländern. Zu diesen oft als Primärdimensionen von Diversity bezeichneten Merkmalen kommen dann noch sekundäre Dimensionen wie unterschiedliche Berufe und Ausbildungen, Familienstand, Elternschaft, geografische Lage usw. hinzu. So bildet jeder Mensch bereits ein buntes Potpourri an Vielfaltsdimensionen in sich ab. Diese stehen dabei nicht nebeneinander, sondern überlappen sich, sind miteinander verschränkt und gesellschaftlich wirksam.
Alle Menschen sind gleichwertig
Das Problem ist jedoch, dass die unterschiedlichen Ausprägungen dieser Vielfaltsdimensionen in unserer Gesellschaft meist nicht als gleichwertig angesehen und behandelt werden. So sind es meist junge, männliche, heterosexuelle, gesunde Menschen ohne Migrationshintergrund mit christlich-westlicher Prägung, die Achtung und Respekt erfahren und größte Chancen auf gesellschaftliches Ansehen und berufliche Erfolge haben. Durch diese historisch gewachsenen Verhältnisse und Strukturen hat sich eine vorherrschende Normalitätskultur in Gesellschaft, Wirtschaft und auch in Verwaltungen entwickelt, die vermeintlich „andere“ häufig nicht wahrnimmt oder ausschließt. Diversity hat dagegen eine Kultur der Vielfalt zum Ziel, die jeden einzelnen Menschen in seiner individuellen Vielfalt wahrnimmt, respektiert, wertschätzt und ihm gleiche Rechte gewährt.
Von dem problemzentrierten hin zu einem ressourcenorientierten Verständnis von Vielfalt
Viele verwaltungspolitische Maßnahmen wurden und werden aufgrund eines problemorientierten Blickwinkels auf Zielgruppen entwickelt. Diese Zielgruppen wurden (und werden) dabei oft auf vermeintliche Defizite reduziert. Die zentrale Frage lautet(e): Was können wir für diese oder jene Zielgruppe tun, damit sie sich besser in unsere Gesellschaft eingliedert? Hier geht es vor allen Dingen darum, dass sich Menschen in die vorherrschende Normalitätskultur einordnen bzw. sich ihr unterordnen. Diversity geht weg von dieser problemzentrierten Sicht auf Zielgruppen und betont ein ressourcenorientiertes Verständnis von Vielfalt: Welche Potenziale ergeben sich durch die Vielfalt von Menschen für unsere Gesellschaft? Was müssen wir tun, um allen Menschen tatsächlich gleiche Teilhabechancen und -möglichkeiten zu eröffnen? Diversity meint also nicht, tolerant gegenüber vermeintlich „anderen“ Menschen zu sein. Vielmehr bedeutet Diversity, eigene Vorstellungen von „Normalität“ kritisch zu hinterfragen, (obsolete) Verhaltensmuster zu revidieren und die Vielfältigkeit unserer Gesellschaft als Chance für Entwicklung, Kompetenz und soziale Gerechtigkeit zu nutzen.
Quelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes – „Diversity-Prozesse in und durch Verwaltungen anstoßen“