Fachtag Kinderschutz in Fällen häuslicher Gewalt

verängstigtes, trauriges Mädchen auf einer Treppe
Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, werden oft allein gelassen. Bildquelle: www.polizei-beratung.de

Kinder, die häusliche Gewalt miterleben, erfahren diese oft so, als wären sie selbst betroffen – mit schwerwiegenden Folgen für ihre Entwicklung und ihr Wohlbefinden. Der Fachdienst Frauen und Chancengleichheit des Wetteraukreises möchte daher im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention den Blick gezielt auf den Schutz dieser besonders verletzlichen Zielgruppe richten.

Die Istanbul-Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, den Schutz von Kindern in Fällen häuslicher Gewalt sicherzustellen – insbesondere bei Fragen des Sorge- und Umgangsrechts. In der Praxis zeigen sich jedoch häufig Konflikte zwischen dem Kindschaftsrecht und dem Gewaltschutzrecht.

Umso wichtiger ist es, sowohl die besonderen Bedürfnisse von Kindern nach Gewalterfahrungen wahrzunehmen, als auch Lösungen zu finden, die den Schutz von Kindern und gewaltbetroffenen Elternteilen auch in Umgangs-und Sorgerechtsfragen sicherstellen.

Wir laden Sie am Dienstag, den 10. Juni 2025, von 9 bis ca. 15:30 Uhr in den Plenarsaal des Kreishauses in Friedberg herzlich ein, diese wichtigen Fragestellungen im Rahmen eines interdisziplinären Fachtages gemeinsam mit renommierten Expertinnen und Experten zu vertiefen.

An diesem Tag erwarten Sie spannende Fachvorträge sowie interaktive Workshops, die den Austausch und die Vernetzung verschiedener Fachrichtungen aus der Region fördern.

Programm:
 

9:00 Uhr
Get together

9:15 Uhr
Grußwort Landrat Jan Weckler

9:30 Uhr
Fachvortrag „Kinder und die Folgen Häuslicher Gewalt“
Gesprächsführung mit Kindern über die erlebte Gewalt, Kerstin Meyer, Childhood Haus Frankfurt (Dipl.-Psych., HeilprG für Psychotherapie, Systemische Therapeutin (SG), Suchttherapeutin (VdR), Fachberaterin f. Psychotraumatologie).

In ihrem Vortrag wird Kerstin Meyer zunächst eine kurze Einführung zu den Folgen häuslicher Gewalt auf mitbetroffene Kinder geben. Auf dieser Grundlage soll verdeutlicht werden, was es in der Gesprächsführung mit Kindern zu beachten gilt. Denn bei der Anhörung gewaltbetroffener Kinder ist eine altersgerechte und traumasensible Ansprache von großer Bedeutung.

11:00 Uhr
Kaffeepause

11:20 Uhr
Fachvortrag
: „Häusliche Gewalt – (mit)betroffene Kinder – eine Herausforderung für Jugendhilfe und Justiz“
Prof. Dr. Ludwig Salgo, Goethe-Universität Frankfurt (renommierter Familienrechtsexperte, Autor, Gutachter u.a. für Bundestag und Bundesverfassungsgericht, langjähriger Vizepräsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Träger des Bundesverdienstkreuzes) 

„Bei Reformen des Familienrechts und Familienverfahrensrechts werden wir uns vom Wohl des Kindes leiten lassen. Häusliche Gewalt stellt eine Kindeswohlgefährdung dar und ist daher zulasten des Gewalttäters im Sorge- und Umgangsrecht maßgeblich zu berücksichtigen." Dieser Satz aus dem Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode fand sich schon in ähnlicher Formulierung in mehreren Koalitionsverträgen. Das Gewalthilfegesetz sieht zwar ein Hilfesystem bei häuslicher Gewalt auch für Kinder vor; zentrale Regelungen treten später in Kraft (31.01.2032). Schutzpflichten aus dem Grundgesetz und Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention sind bereits geltendes Recht.

Die Bundesregierung hat eine Nationale Strategie zur Prävention und Bekämpfung von häuslicher Gewalt beschlossen: Kinder und Jugendliche werden als vulnerable Gruppe besonders berücksichtigt, auch als Opfer einschließlich des Miterlebens und als Zeuginnen und Zeugen häuslicher Gewalt.

Im Vortrag werden diese Entwicklungen näher beleuchtet; insbesondere wird es darum gehen, schon die geltenden Regelungen, deren Möglichkeiten und Grenzen für die Praxis von Kinder- und Jugendhilfe wie der Justiz aufzuzeigen.


12:50 Uhr
Mittagspause (ohne gemeinsames Mittagessen)
 

13:30 Uhr
Workshops

  • Workshop 1
    Partnerschaftlich Leben ohne Gewalt - Angebote für Täter*innen, die häusliche Gewalt ausgeübt haben, Roman Röttger, pro familia Gießen/Friedberg, M.A. Diplom Sozialpädagoge, Systemischer Familientherapeut, Fachkraft für Täterarbeit nach BAG TäHG(FTHG©)Ein Vater, der Gewalt gegen seine Ex-Partnerin ausgeübt hat, sollte sich erst mit diesem Verhalten auseinandersetzen, bevor ihm ein Umgangsrecht mit dem gemeinsamen Kind eingeräumt wird. Diese Voraussetzung fordern Fachleute bereits seit vielen Jahren. Denn Täterarbeit bedeutet auch Kinderschutz und ist ein wichtiger Teil der Prävention häuslicher Gewalt. In diesem interaktiven Workshop stellt Roman Röttger u.a. das Konzept der Täter*innen-Beratung von pro familia vor und berichtet von seinen umfangreichen Praxis-Erfahrungen.
     
  • Workshop 2
    Beratung und Unterstützung gewaltbetroffener Kinder, Christina Abrohom, Kinderschutzbund OV/KV Gießen e.V. (Psychologin, systemische Familientherapeutin, Fachkraft im Kinderschutz und Verfahrensbeiständin).
    In seiner Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern richtet sich der Kinderschutzbund Gießen u.a. explizit an Kinder, die Gewalt in jeglicher Form in ihrer Familie erleben. Die langjährige Beraterin Christina Abrohom erläutert anhand ihrer Erfahrungen, was betroffene Kinder konkret benötigen und welche Anforderungen dies an die Institutionen stellt.
     
  • Workshop 3
    Interdisziplinärer Austausch zu Kindschaftsverfahren, verschiedene Perspektiven und Handlungsbedarfe der beteiligten Berufsgruppen, Simone Mertel, Fachdienst Frauen und Chancengleichheit des Wetteraukreises.
    An einem Kindschaftsverfahren (z.B. zur Regelung von Umgangs- und Sorgerecht) sind immer mindestens drei Berufsgruppen beteiligt. In besonders komplexen Fällen, wie häufig bei häuslicher Gewalt, kommen weitere Institutionen hinzu. Das Ziel aller Beteiligten sollte ein gemeinsames sein: Eine Entscheidung im Sinne des Kindeswohls zu treffen. Zur Förderung des interdisziplinären Austausches wollen wir in diesem Workshop die unterschiedlichen Perspektiven und Aufgaben der beteiligten Berufsgruppen beleuchten. Dabei geht es sowohl um gegenseitiges Verständnis als auch um eine effektive Zusammenarbeit, bei der das Kind immer im Fokus stehen sollte.

Zur Veranstaltungsübersicht und Anmeldung

 

Ansprechpartner/innen

Name Telefon Fax Raum E-Mail
Simone Mertel 06031 83-5305 5 E-Mail

Zuständig

Sonderfachdienst Frauen und Chancengleichheit