Der Vergangenheit eine Zukunft geben – Denkmalplakette 2023
Vier denkmalgeschützte Objekte in Karben, Limeshain, Münzenberg und Friedberg wurden mit der diesjährigen Denkmalplakette des Wetteraukreises ausgezeichnet. Die Verleihung fand im historischen Ambiente eines der ausgezeichneten Objekte statt, in der ehemaligen Gewerbehalle „Taunusbrunnen“ in Karben-Kloppenheim. Landrat Jan Weckler würdigte das Engagement der Eigentümer und ihren herausragenden Umgang mit denkmalgeschützter Bausubstanz. Und auch darum geht es bei der Auszeichnung: den Denkmalschutz ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken.
Die Denkmalplakette des Wetteraukreises wird in mehrjährigen Abständen im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung verliehen, zuletzt in 2017. Bei der Verleihung sollen hervorragende Beispiele für den denkmalgerechten Umgang mit Kulturdenkmälern in der Region der breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Das weit über das übliche Maß hinausgehende Engagement soll damit eine öffentliche Würdigung erfahren.
Insgesamt 13 Objekte waren für die Auszeichnung mit der Denkmalplakette in der Auswahl gewesen. „Die Jury des Denkmalbeirats hat sich die Auswahl nicht leicht gemacht, denn die Kriterien sind durchaus anspruchsvoll“, sagte Landrat Jan Weckler in seiner Begrüßung. „Es gilt, die historische Substanz möglichst weitgehend zu erhalten, Materialien zu verwenden, die dem Denkmal entsprechen, historische Handwerkstechniken einzusetzen, bauliche Probleme innovativ und kreativ zu lösen und in Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden denkmalgerecht zu planen und auszuführen“, so der Landrat.
Vier Objekte wurden ausgezeichnet
- Die denkmalgeschützte dreischiffige Industriehalle „Taunusbrunnen“ in Karben-Kloppenheim wurde 1913 in Rohziegelmauerwerk gebaut, bis 1964 wurde hier Mineralwasser verarbeitet und abgefüllt. Der „Taunusbrunnen“ war einer von insgesamt vier Brunnen in Karben.
Untergeordnete Gebäude des gesamten Gewerbeareals sind inzwischen zurückgebaut. Für die historische, denkmalgeschützte Produktionshalle konnten mit einem Fitness Studio und einem Brautmodengeschäft adäquate Nutzungen gefunden werden. Sowohl das äußere Erscheinungsbild als auch der Innenraum haben nichts von ihrer Wirkung verloren, der Charakter als Gewerbehalle bleibt erhalten.
Bei der Sanierung achtete die Eigentümerin Kling GmbH darauf, das prägende Erscheinungsbild zu erhalten: Ziegelmauerwerk und Fenster wurden aufgearbeitet und innen, zur besseren Wärmedämmung, mit neuen Fenstern ergänzt. Die historischen Tore und die Dachkonstruktion mit dem Lichtband wurden erhalten, das Lichtband entsprechend dem Bestand erneuert. Details der alten Ausstattung sind auch heute noch in der Halle zu finden. - Mehr als einhundert Jahre älter als die Industriehalle ist die U-förmige Hofanlage mit Wohnhaus, Stall und Scheune in Limeshain-Himbach. Das Ensemble wurde Ende des 18. Jahrhunderts gebaut, die Giebelseite des Fachwerkwohnhauses im 19. Jahrhundert erneuert. Alle Gebäude sind jeweils als Einzelkulturdenkmäler geschützt.
Mit viel Liebe zum Detail und unter Einsatz geeigneter, mit dem Denkmalschutz verträglicher Materialien wurde die Hofanlage bauphysikalisch und energetisch ertüchtigt. Dabei verschwanden auch die Bausünden früherer Sanierungen. Historische Handwerkstechniken, vor allem bei der Sanierung des Fachwerks waren für die beiden Eigentümer, Dr. Simone Klein und Kim Sen-Gupta, und die ausführende Firma selbstverständlich. Wo es möglich war, blieben historische Bauteile, wie Böden, Hofpflaster und die historischen Biberschwanzziegel auf den Nebengebäuden erhalten. Die Betonziegel am Fachwerkwohnhaus wurden durch passende Biberschwanzziegel ersetzt. Mit Blick auf die Wärmedämmung wurden zum Teil Kastenfenster ausgebildet, teils neue Fenster mit Bleisprossung und neue Fenster aus Eichenholz nach historischem Vorbild eingesetzt. Die Energieversorgung übernimmt eine Solaranlage, die speziell für denkmalgeschützte Dächer entwickelt wurde. Sie passt im Farbton zur roten Ziegeldeckung. - Margit und Wilfried Schubert, die auch schon andere Gebäude in Münzenberg hervorragend saniert haben, stellten sich mit der Erhaltung und dem denkmalgerechten Wiederaufbau der Hofanlage einer sehr herausfordernden Aufgabe. Bei dem Wohnhaus, dessen Außenwände aus Lehmsteinen bestehen, wurden die Fenster entsprechend dem historischen Vorbild nachgebaut, die Dachdeckung erneuert, Eingangstreppe und Tür wieder hergerichtet und überall dort, wo es möglich war die historische Ausstattung erhalten. Das zum Teil schon eingestürzte Nebengebäude wurde wieder aufgebaut.
Viele Maßnahmen insbesondere im Inneren des Wohnhauses wurden in hoher Qualität ausgeführt, obwohl dies nach dem Denkmalschutzgesetz nicht zwingend notwendig gewesen wäre. Familie Schubert hat eine Sanierung durchgeführt, die weit über das denkmalschutzrechtlich Gebotene hinausgeht. - Das ehemalige Burgmannenhaus „Bünauischer Hof“ in der Burganlage von Friedberg ist ein imposantes zweigeschossiges Fachwerkhaus aus dem Jahr 1717. Es steht aus geschichtlichen Gründen als Einzelkulturdenkmal unter Denkmalschutz und beherbergte von 1832 bis 1886 das erste Amtsgebäude des neu geschaffenen Kreises.
In den 1980er Jahren wurden die Fenster ausgetauscht, die Außenhülle wurde neu verputzt und später gestrichen. So wie das Haus mehrfach den Besitzer wechselte gab es auch mehrere Ideen zu einer möglichen Nutzung: Hotel, Restaurant oder Wohnhaus. Die jetzige Eigentümerin Martine Creydt ließ sich auf die Anforderungen der Unteren Denkmalschutzbehörde ein und verwirklichte unter weitgehendem Erhalt der historischen Raumstrukturen eine Wohnnutzung. Böden, Treppe, Türen und Türzargen wurden als historische Ausstattung weitgehend erhalten und restauratorisch aufgearbeitet, das Dach wurde mit Naturschiefer neu eingedeckt, das Dachgeschoss unter Erhalt der kleinen zierlichen Dachgauben zu Wohnzwecken ausgebaut. Zur energetischen Ertüchtigung ist das Gebäude von innen mit einem mineralischen Dämmsystem ergänzt.
Belobigung für Dachdeckerfirma und Schreinerei
Schwerpunkt in diesem Jahr waren Handwerksbetriebe, die beispielhaft in der Denkmalpflege tätig sind.
- Das Dachdeckerunternehmen A.W. Aßmus GmbH in Nidda ist ein über 150 Jahre alter traditioneller Handwerksbetrieb, der inzwischen seinen Schwerpunkt auf die Reparatur und Neueindeckung historischer Dächer, insbesondere Schieferdächer legt. Holger Aßmus ist spezialisiert auf komplizierter Bauaufgaben rund um das Dach unter Anwendung historischer Techniken. Wenn auch seine Leidenschaft dem Erhalt historischer Dächer, insbesondere Schieferdächer gilt, geht seine Qualifikation weit darüber hinaus. „Auch aktuelle Probleme wie zum Beispiel Wärmedämmung kann der Betrieb bearbeiten und findet oft kreative Lösungen zwischen neueren Ansprüchen und den Belangen des Denkmalschutzes. Die Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde war immer hervorragend“, hebt Kreisbeigeordneter und Baudezernent Matthias Walther hervor.
- Bernhard Möller aus Reichelsheim ist Schreinermeister und Restaurator im Handwerk und befasst sich schwerpunktmäßig mit Restaurierungen. Bei der Erhaltung historischer Bauteile wie Fenster, Türen, Parkett- und Dielenböden, Treppen und Holzverkleidungen ist die Schreinerei Möller ein zuverlässiger und kompetenter Partner der Denkmalpflege. Kreisbeigeordneter Matthias Walther lobt: „Mit seiner Haltung trägt Bernhard Möller wesentlich zum Erhalt der regionalen Baukultur bei und ist darüber hinaus beispielgebend für die notwendige Ressourcenschonung im Baubereich“.
Auch Landrat Jan Weckler erläutert: „Kulturdenkmäler sind Geschichtserzeugnisse mit einem Erinnerungswert für eine Gemeinde, eine Region oder das ganze Land. Für uns Menschen sind sie vielfach identitätsstiftend, indem sie unsere Umgebung prägen und zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit anregen. Mit der Denkmalplakette können wir genau solche Projekte sowie den Einsatz und das große Engagement, das dahinter steckt, angemessen würdigen. Die vier Objekte genauso wie die Handwerksbetriebe sind Vorbilder für gelungenen Denkmalschutz und sie laden damit auch andere ein zum Nachahmen, sie regen zu Ideen an und zu Kreativität, um das Vergangene im Heute und Morgen zeitgemäß nutzbar und sichtbar zu machen.“