Der Wetteraukreis steht eng und solidarisch an der Seite Israels
„Der brutale Überfall der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober ist das größte Pogrom gegen Juden seit dem Holocaust. Das erfordert nicht nur unser Mitgefühl, sondern auch klare Positionen. Die heutige Veranstaltung in der Augustinerschule ist ein Zeichen dieser Solidarität“, sagte Landrat Jan Weckler. Eingeladen waren Wetterauer Schülerinnen und Schüler, aber auch Politikerinnen und Politiker.
Die Aula der Augustinerschule in Friedberg war der passende Ort. Ist sie doch nur wenige Meter von der alten Turnhalle entfernt, in der seit dem 15. September 1942 die letzten in der Stadt verbliebenen Juden ihre letzten Nächte verbringen mussten, bevor sie in den frühen Morgenstunden des 17. September über Darmstadt in die Konzentrationslager Treblinka und Theresienstadt deportiert wurden.
„Seit 1948 ist der israelische Staat der sichere Hafen für jüdische Menschen und die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Wir verurteilen den terroristischen Akt der Hamas aufs Schärfste“, betonte Landrat Jan Weckler. „Wir beobachten, dass Antisemitismus auch in Deutschland wieder auf teils fruchtbaren Boden zu fallen scheint. Einmal mehr müssen wir antisemitische Demonstrationen auf deutschem Boden erleben. Dieser Entwicklung müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Dazu soll die heutige Veranstaltung einen Beitrag leisten.“
„Sie ist ein klares Zeichen für Solidarität und ein klares Zeichen gegen Antisemitismus, gegen Hass und Vorurteile in unserer Gesellschaft“, ergänzte Erste Kreisbeigeordnete Stephanie Becker-Bösch.
Auf Einladung des Wetteraukreises warfen Natalie Pawlik, Uwe Becker, Manfred de Vries und Sarah-Elisa Krasnov ihren jeweils persönlichen Blick auf jüdisches Leben in Deutschland.
Natalie Pawlik ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Sie erzählte von dem beeindruckenden Vortrag der Holocaust-Überlebenden Eva Szepesi anlässlich des Gedenktages am 27. Januar im Deutschen Bundestag. Weil die Shoa nicht erst mit Auschwitz begann, sondern mit dem Wegschauen, betonte Pawlik die Verantwortung dafür, dass sich Geschichte nicht wiederholt. Mit Blick auf den Nahen Osten sagte sie: „Wir stehen an der Seite Israels, aber auch an der Seite der Menschen in Gaza. Was die Hamas angeht so kann es Frieden nicht mit Terroristen geben, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen“.
„Gedenktage wie der 27. Januar oder der 9. November sind wichtig, aber wer der Toten gedenkt, muss auch konkret im Hier und Jetzt für jüdisches Leben einstehen“, sagte Finanzstaatssekretär Uwe Becker, seit 2019 Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus. Auch in Deutschland müsse die Religionsfreiheit für jüdische Gläubige mit Polizeischutz gewährleistet werden. Das sei alles andere als normal. Mit Bezug auf die aktuellen Demonstrationen habe er sich solche bereits nach dem 7. Oktober für Israel gewünscht. Israel sei der sichere Hafen genommen worden und das Ziel der Hamas sei nicht eine Zweistaatenlösung, sondern die Auslöschung Israels.
Manfred de Vries, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Bad Nauheim, richtete sich unter anderem an die anwesenden Schülerinnen und Schüler und forderte sie auf: „Ihr müsst die Zukunft gestalten, wenn wir Älteren den Staffelstab an euch abgeben. Wir zählen auf euch. Seid stark und wehrt den Anfängen.“
Sarah-Elisa Krasnov, Co-Vorsitzende)des Jüdisch liberal egalitären Verbandes (JLEV) gab einen Einblick in „ Jüdisches Leben in Deutschland – heute“. Seit 1700 Jahren lebten jüdische Menschen auf deutschem Boden, in Folge des Holocaust seien es nur mehr 200.000 Jüdinnen und Juden in Deutschland. Jüdisches Leben finde in Deutschland nur im Verborgenen, nicht öffentlich statt. „Die Stimme erheben, voneinander und miteinander lernen“, war ihre Antwort auf die Frage: Was können wir tun? Sarah-Elisa Krasnov ermutigte dazu, jüdische Menschen über Meet a Jew kennenzulernen, ein Begegnungsprojekt des Zentralrats der Juden in Deutschland. Rund 500 Ehrenamtliche Jüdinnen und Juden nehmen daran teil, Sarah-Elisa Krasnov ist eine von ihnen.
In seinem Schlusswort erzählte Kreistagsvorsitzender Armin Häuser von seiner Schulzeit. 1983, kurz vor seinem Abitur, jährte sich das Datum der Machtergreifung der Nazis zum 50. Mal. In Häusers Schule berichtete ein Zeitzeuge von Ausgrenzung, Verfolgung und Konzentrationslager, aber auch davon, dass er nicht verbittert sei, sondern vielmehr junge Menschen davor bewahren wolle, dass Geschichte sich wiederhole. Armin Häuser an die Schülerinnen und Schüler: „Es geht nicht um Schuld, sondern um Verantwortung. Mein Wunsch ist, dass dieser Tag heute bei euch so in Erinnerung bleibt wie bei mir damals. So bewahren wir uns davor, irgendwann selbst schuldig zu werden.“
Musikalisch wurde die Veranstaltung von dem jüdischen Liedermacher Dany Bober begleitet. Er wurde 1948 in Israel geboren, seine Eltern flohen vor den Nazis nach Israel und kehrten 1956 nach Frankfurt zurück. Bober versteht sich als Vermittler jüdischer Kultur, was ihm auf beeindruckende und berührende Weise gelang. Mit Psalmen und dem Lied „Yerushalyim shel sahaw“, das vor allem aus der Schlussszene des Films „Schindlers Liste“ bekannt ist, nahm Bober sein Publikum mit auf eine musikalische Reise in die Welt des Judentums.