Regionale Wildpflanzen für artenreiche Wiesen
Um den anhaltenden Verlust von artenreichen Wiesen aufzuhalten, hat sich im Verbundprojekt „Blütenvielfalt – RegioProD“ ein starkes Bündnis formiert. Der Name ist Programm. Der Naturschutzfonds Wetterau e.V. ist einer von vier hessischen Landschaftspflegeverbänden, die als Praxispartner im Projekt beteiligt sind.
Artenreiche und bunt blühende Wiesen, auf denen es summt und brummt, sind ein historischer Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Sie spielen eine zentrale Rolle für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität in einer Region. Viele Insekten- und Tierarten haben sich in enger Koevolution mit bestimmten Wildpflanzen entwickelt und sind perfekt auf ihren Blütenaufbau oder Blühzeitpunkt synchronisiert. Beispielsweise leben ein Drittel der heimischen Wildbienenarten oligolektisch, was bedeutet, dass sie sich nur von einer Pflanzenart ernähren. Eine größere Vielfalt an Pflanzen auf engem Raum zieht daher auch mehr Tiere, insbesondere Insekten, an. Wildpflanzen besitzen zudem eine genetische Vielfalt, die ihnen eine optimale Anpassung an lokale Standortbedingungen ermöglicht. Auch die genetische Vielfalt innerhalb einer Art ist Teil der Biodiversität.
Aufgrund von Veränderungen in der Landnutzung sind artenreiche Wiesen in Deutschland heutzutage jedoch nicht mehr flächendeckend zu finden. Der damit verbundene Rückgang der Pflanzen- und Tierarten unserer Wiesen ist daher zu beobachten. Umso wichtiger ist es, geeignete Lebensräume wiederherzustellen und seltene sowie gefährdete Arten gezielt zu unterstützen. Hier setzt das Projekt „Blütenvielfalt“ an.
Wiesen aufwerten und heimische Arten erhalten
Übergeordnetes Ziel des Projekts ist die Aufwertung bestehender Grünlandflächen sowie die Neuanlage artenreicher Wiesen mit Hilfe verschiedener Verfahren. Die Etablierung vieler verschiedener Pflanzenarten auf einer Fläche kann durch die Aussaat von Saatgut gelingen, welches von regionalen Pflanzen gewonnen wurde. Auf diese Weise kann die genetische Vielfalt der lokal vorkommenden Arten erhalten und gefördert werden. Zugleich stellt die Verwendung von regionalem Saatgut sicher, dass die Flächen auch der lokalen Insektenfauna als Nahrung dienen können. Saatgut, welches züchterisch veränderte Pflanzensorten enthält oder aus entfernten Regionen stammt, kann das nicht leisten.
Im Projekt werden überdies diverse Direkternteverfahren, beispielsweise Mahdgutübertragungen, durchgeführt. Hierbei wird eine artenreiche Wiese, die Spenderfläche, zum Zeitpunkt der Samenreife gemäht. Im Anschluss wird das gewonnene Material auf einer artenarmen Fläche, der Empfängerfläche, wieder ausgebracht. Die enthaltenen Pflanzensamen fallen auf der Empfängerfläche aus und siedeln sich an. Seltene Pflanzenarten oder Arten, welche zu einem sehr frühen oder späten Zeitpunkt reifen und somit nicht im Mahdgut enthalten sind, können zusätzlich händisch gesammelt und auf der Empfängerfläche ausgebracht werden. In Praxisversuchen werden unterschiedliche Verfahren getestet und ihr Erfolg bewertet. Darüber hinaus wird das Wissen über die Durchführung von Aufwertungsverfahren im Grünland im Rahmen von Workshops und Weiterbildungen verbreitet.
Der Naturschutzfonds Wetterau e.V. als Praxispartner
„Blütenvielfalt – RegioProD“ ist ein Verbundprojekt, in dem die Hochschule Osnabrück, die Hochschule Anhalt, die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der Deutsche Verband für Landschaftspflege e.V. (DVL), der Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. (VWW) sowie Praxispartner in Hessen und Sachsen zusammenkommen und theoretisches und praktisches Wissen zusammenfließt. Die Projektlaufzeit startete kürzlich 2024 und endet 2030.
Der Naturschutzfonds Wetterau (NFW) ist einer von vier hessischen Landschaftspflegeverbänden, die als Praxispartner im Projekt beteiligt sind. Sie sind für die Durchführung und Evaluation der Praxisversuche zuständig und können ihre Qualifikationen im Bereich der Aufwertung von Grünland erweitern. „Die Durchführung der Praxisversuche sowie der dauerhafte Erfolg der Maßnahmen sind nur in enger Kooperation mit den Landwirtinnen und Landwirten zu realisieren“, bekräftigt Landrat Jan Weckler, Vorsitzender des Naturschutzfonds Wetterau. „Wir hoffen daher, die gewachsenen Kooperationen der letzten Jahre auch im Projekt Blütenvielfalt fortführen zu können und gemeinsam mit vielen engagierten Menschen den Naturschutz im Wetteraukreis voranzubringen“, so Landrat Weckler weiter. Der Erhalt bunter und blühender Wiesen bereichert letztlich nicht nur die Biodiversität, sondern ist eine Freude für jeden und jede, die in den Sommermonaten in der Landschaft unterwegs sind.
Das Projekt „Blütenvielfalt – RegioProD“ wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Das Teilprojekt in Hessen wird außerdem gefördert mit Mitteln des Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat. Weitere Informationen finden Interessierte auf der Projekthomepage.