Weidetiere vor Wolfsübergriffen schützen
Seit 2008, mit dem ersten genetischen Nachweis in Nordhessen ist der Wolf zurück in Hessen. Er ist für Weidetierhalter nicht nur ein emotionales Problem, er kann auch die Existenz bedrohen. „Viele Fragen können auf Kreis- oder auch Landesebene nicht gelöst werden, aber der Wetteraukreis möchte Weidetierhaltern helfen, sich auf die neue Situation vorzubereiten“, sagt Kreisbeigeordneter Matthias Walther. Der Fachdienst Landwirtschaft hatte deshalb Weidetierhalter aus dem Wetteraukreis zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Wolf und Weidetierschutz eingeladen.
„Der Wetteraukreis engagiert sich schon sehr lange für die Beweidung, insbesondere für die Schäferei. Die hierbei erzielten Erfolge gilt es zu erhalten“, sagte Kreisbeigeordneter Matthias Walther in seiner Begrüßung. Mit Weidetieren verbinden sich tierwohlgerechte Haltung, nachhaltige Grünlandnutzung und regionale Produktion von Lebensmitteln. Gerade Schafe und Ziegen können auf eher extensivem Grünland bis hinein in Grenzertragsstandorte gehalten werden. Auf Flächen die nicht gemäht werden können, die an Hängen liegen, steinig, nährstoffarm, trocken oder sehr feucht sind, auf Flächen mit vielen Landschaftselementen, wie Hecken und Obstbäumen. Wertvolle Flächen, sind sie doch Lebensraum für vielfältige, auch seltene Tier- und Pflanzenarten. In ihrem Fell tragen Schafe Samen von einem Ort zum anderen, ihre Ausscheidungen sind Dünger und Nahrung für viele Käferarten. Weidetiere schaffen eine Welt voller Artenreichtum. Artenvielfalt und Weidetierhaltung gehören zusammen.
Die Ausbreitung des Wolfs stellt deshalb Weidetierhalter vor neue Probleme. Reichte es früher, dass Zäune die Schafe in der Koppel halten, müssen sie heute den Wolf von den Schafen fernhalten. Zäune zu errichten ist vor allem im oft steilen, unebenen, unübersichtlichen Gelände nicht einfach, Zäune gegen Wölfe sind noch wesentlich zeitaufwändiger und teurer.
Der Wolf ist ein intelligentes und lernfähiges Tier
Im 19. Jahrhundert wurde der Wolf gezielt dezimiert, in Mittel- und Westeuropa fast vollständig ausgerottet. Durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie steht er seit 1992 unter Schutz. Der erste Welpenwurf in Deutschland war im Jahr 2000, in der Lausitz. Seit 2008 ist der Wolf zurück in Hessen. Auch im Wetteraukreis gab es durchziehende, einzelne Wölfe, die Wild erbeuteten. Erste Nutztierrisse gab es 2022 in Wehrheim (Hochtaunuskreis), im Februar 2023 wurde ein trächtiges Schaf in Ober-Mörlen aus einer gut geschützten Herde gerissen.
„Der Wolf muss lernen, dass Weidetiere keine ‚leichte Beute‘ sind und es mit großen Problemen und Risiken verbunden ist, sich ihnen zu nähern“, sagte Arnd Ritter vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. Ist ein Wolf erfolgreich beim Versuch, Schafe oder andere Nutztiere mit wenig Energieaufwand zu reißen, wird er es wahrscheinlich erneut versuchen. Zudem besteht die Gefahr, dass er sich auf Nutztiere spezialisiert. Daher sollten alle Weidetiere einer Region bestmöglich geschützt sein.
Schutz vor dem Wolf ist teuer und aufwändig. „Elektrozäune“, so Ritter „haben sich in Wolfsgebieten als wirksame Prävention bewährt. Gute Elektrozäune tun weh, sie werden nach einer ‚Schlagerfahrung‘ von den Wölfen weiträumig gemieden.“ Eine weitere Reaktion auf die Wolfsrückkehr kann fallweise der Einsatz von Herdenschutzhunden sein. Aber einen absoluten Schutz vor Wolfsübergriffen gibt es nicht.
Hinweise auf einen gesichteten Wolf (Kot, Haare, Fotofallen) können dem Wolfszentrum Hessen online gemeldet werden. Es ist angesiedelt beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Gießen und führt das hessische Wolfsmonitoring durch. Bei Verdachtsfällen auf einen Wild- oder Nutztierriss sollte die Meldung innerhalb von 24 Stunden bei der Wolfshotline eingehen, Telefon: 0641/20009522, täglich von 8 bis 16 Uhr. Sollten Nutztiere zu Schaden kommen, müssen zuerst verletzte Tiere versorgt und die Herde gesichert werden. Je frischer die Spuren aber, desto höher die Chance, den Verursacher festzustellen.