Es mistelt sehr in den Wetterauer Streuobstwiesen
Auch in der kalten Jahreszeit sind die zahlreichen Streuobstwiesen im Wetteraukreis ein schönes Ausflugsziel. Im Winter kann man hier sogar einem weihnachtlichen Brauch beim Wachsen zuschauen. Jedoch sehr zum Unmut der alten Obstbäume..
In der Weihnachtszeit begegnen sie einem an fast jeder Haustür. Sie dienen nicht nur als schmuckvolle Weihnachtsdekoration sondern sollen Paare durch ihre immergrüne Farbe mit Glück und ewiger Liebe beschenken. Drum ist es nicht verwunderlich, dass sich das Küssen unter dem Mistelzweig an Weihnachten – dem Fest der Liebe – als weit verbreiteter Brauch in Europa etabliert hat.
Wenn man wissen möchte, wo und wie die Mistel wächst, kann ein Spaziergang durch die Wetterauer Streuobstwiesen in der Winterzeit Erkenntnis bringen. Trotz des fehlenden Laubs haben einige Obstbäume noch eine grüne Krone. Dies liegt an der immergrünen Laubholzmistel, die wie große Weihnachtskugeln an den Bäumen hängen. Dieser sonderliche Weihnachtsschmuck kann jedoch schwere Folgen für einen Obstbaum haben, denn Misteln gelten als sogenannte Halbschmarotzer. Nach der Samenkeimung auf einem Ast, dringen sie mit ihren Wurzeln in die Leitgefäße des Baumes ein und entziehen ihm Nährstoffe und Wasser. Bei einem geringen Befall kann ein vitaler Baum dies gut verkraften. Durch Pflegerückstände in einigen Streuobstbeständen hat sich die Mistel jedoch in den letzten Jahrzehnten so stark verbreitet, dass einige Bäume unter ihnen regelrecht zusammenbrechen. Trockenstress und ein hoher Krankheitsdruck auf vielen Streuobstwiesen tragen ihren Anteil dazu bei.
Doch wie gelangt der Samen der Mistel eigentlich auf den Baum? Die klebrigen weißen Beeren der Mistel werden im Winter von einigen Vögeln, wie der Misteldrossel, gerne gefressen. Durch Ausscheidungen oder durch Abstreifen mit dem Schnabel auf einen naheliegenden Ast werden die Samen von Baum zu Baum transportiert. Da sie also als Nahrungsquelle durchaus einen ökologischen Nutzen haben, ist es nicht im Sinne des Naturschutzes die Mistel von den Streuobstwiesen komplett zu verbannen. Sie sollte aber durch ein gutes Pflegemanagement in Schach gehalten werden. Sie darf ohne Genehmigung ganzjährig von den eigenen Bäumen entfernt werden. Für eine kommerzielle Nutzung zur Weihnachtszeit ist jedoch eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde erforderlich. Sollte man auf die Idee kommen Misteln von fremden Bäumen zu entnehmen, sollte zunächst das Einverständnis der Eigentümer eingeholt werden.
„Der Wetteraukreis gilt in Hessen als Streuobstwiesen-Hotspot. Um diesen wertvollen Lebens- und Erholungsraum auch für zukünftige Generationen zu erhalten bedarf es ab sofort und in den kommenden Jahren konzentrierter Pflegeeinsätze und Nachpflanzungen“, so Landrat Jan Weckler, Vorsitzender des Naturschutzfonds Wetterau e.V., zur Mistelproblematik. Der Naturschutzfonds setzt sich neben der direkten Pflege und Weiterentwicklung der Wetterauer Streuobstwiesen auch für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema ein.
Auch wenn man selbst keine eigenen Streuobstwiesen besitzen, kann es ganz einfach und sogar lecker sein, sich für den Erhalt der Streuobstwiesen einzusetzen. Ein heißer Apfelsaft mit Zimt oder ein deftiges Apfelgericht schmecken mit Äpfeln von der Streuobstwiese besonders lecker – und durch den Kauf von regionalen Streuobstprodukten unterstützt man die lokalen Erzeugerinnen und Erzeuger in ihrem Engagement. Auf der interaktiven Direktvermarkter-Karte der TourismusRegion Wetterau GmbH können Interessierte Anbieter regionaler Streuobstprodukte im Wetteraukreis finden. Und falls es an Rezeptideen mangelt: Der Landfrauen-Ortsverein Rodheim stellt auf der Homepage des Naturschutzfonds freundlicherweise zwei Rezepte zum Nachkochen zur Verfügung. Sie sind hier zu finden.
Der Naturschutzfonds Wetterau e.V. wünscht einen guten Appetit, eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins Jahr 2023.