Reform des Betreuungsrechts: Ab 2023 mehr Selbstbestimmung

Zwein Männer lächeln in die Kamera. Im Hintergrund eine große Grünpflanze

Götz-Wolfgang Deventer (links) und Marco Behrendt informierten über die anstehende Reform des Betreuungsrechts.

Kürzlich fand das halbjährliche Treffen des Regionalen Facharbeitskreis Betreuungsrecht (ReFaB) im Wetteraukreis statt: Über 60 beruflich tätige Betreuerinnen und Betreuer, Betreuungsrichterinnen und -richter sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kreisansässigen Betreuungsvereine und Betreuungsbehörde tauschten sich im Plenarsaal des Kreishauses in Friedberg über die anstehende Reform und deren Auswirkungen auf die tägliche Arbeit aus.

Betreuungsrichter Götz-Wolfgang Deventer (Amtsgericht Friedberg) und Marco Behrendt, Leiter der Fachstelle Sozialmedizin und Betreuungsbehörde beim Wetteraukreis, informierten in der rund dreistündigen Veranstaltung über die Inhalte des Reformvorhabens. Bei der Reform handelt es sich um die umfassendsten Änderungen seit der Einführung des Betreuungsrechts am 1. Januar 1992: Ziel ist es, die Selbstbestimmung von rund 1,3 Millionen betreuter Menschen in Deutschland wesentlich zu stärken. Allein im Wetteraukreis werden etwa 5500 Personen durch eine rechtliche Betreuung bei der Umsetzung ihrer Wünsche unterstützt.

Neben der Stärkung der Autonomie von betreuten Menschen soll mit der Reform auch die Qualität im Betreuungswesen verbessert werden. So müssen alle beruflich tätigen Betreuerinnen und Betreuer ab Januar 2023 gegenüber der Betreuungsbehörde ihre Sachkunde nachweisen und sich dort registrieren lassen. Auch Familienmitglieder können zukünftig nur dann zu ehrenamtlichen Betreuungspersonen bestellt werden, wenn diese ihre Eignung durch Vorlage eines Führungszeugnisses und einer Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis in der zuständigen Behörde belegen.

Neu ist auch, dass Ehegatten sich im Notfall zeitlich begrenzt im Bereich der „Gesundheitssorge“, also zum Beispiel bei Entscheidungen über medizinische Behandlungen, vertreten können, ohne dass dies durch ein Beschluss des Betreuungsgerichtes geregelt werden muss. Das Notvertretungsrecht setzt voraus, dass der behandelnde Arzt bestätigt hat, dass sich der vertretene Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit in dieser Angelegenheiten rechtlich nicht selbst vertreten kann. Weiterhin gilt jedoch, dass das Notvertretungsrecht nur angewandt werden kann, wenn die Rechtsvertretung des Betroffenen nicht bereits durch eine Vorsorgevollmacht geregelt ist.

Fachstellenleiter Behrendt betont: „Die Reform stärkt die Rechte von Menschen, die sich aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht selbst helfen können und auf Unterstützung angewiesen sind. Gleichzeitig stellt sie die öffentliche Verwaltung vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel und knapper Ressourcen vor Herausforderungen. Wir empfehlen daher jeder Bürgerin und jedem Bürger, bereits in gesunden Zeiten durch das Ausstellen einer Vollmacht vorzusorgen.“

Kontakt
Fragen rund um die Reform des Betreuungsrechts beantwortet die Fachstelle Sozialmedizin und Betreuungsbehörde des Wetteraukreises, Telefon (06031) 83-2314, E-Mail.

Veröffentlicht am: 13. Dezember 2022