United Voices - Zwölf Mädchen mit viel Power

Die Mädchen aus dem Chor.

Der Chor United Voices.

Vor 50 Jahren wurde der Wetteraukreis durch den Zusammenschluss der Altkreise Friedberg und Büdingen gegründet. Aus Anlass des 50. Geburtstags lädt Landrat Jan Weckler für den 28. August zu einem Liedernachmittag mit zehn Chören in die Stadthalle Friedberg ein: „Die Chöre in unserem Landkreis sind ein wichtiger Teil im Kulturangebot unserer Städte und Dörfer. Gerade sie haben in der Pandemie besonders gelitten. Dennoch haben viele Chöre mit großem Engagement und genauso viel Umsicht den Chorbetrieb aufrechterhalten und so den Verein durch diese schwierige Zeit gebracht. Deshalb freue ich mich besonders, gemeinsam mit hoffentlich vielen Gästen dieses Fest der Musik zu feiern.“ 

Die teilnehmenden Chöre wollen wir in einer kleinen Reihe vorstellen.

United Voices

Im Gederner Stadtteil Wenings wird schon sehr lange gesungen. Der örtliche Gesangverein wurde im Jahre 1843, damals noch als Männergesangverein gegründet. Mittlerweile haben die Frauen aber mächtig aufgeholt, mit Susanne Luft ist seit 2019 erstmals eine Frau an die Spitze des Vereins getreten.

Heute singen rund 60 Menschen in vier Chören. Einen reinen Männerchor gibt es nicht mehr, neben dem gemischten Chor und dem Showchor ‚XanX’ die kreative Abkürzung für ‚Gsangs“(verein), gibt es noch einen Kinderchor und den Jugendchor ‚United Voices‘. „Mit dem 2014 gebildeten Chor wollen wir ein besonders Angebot für die Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren machen, wenn die jungen Leute dann älter sind gehen sie nahtlos in den Showchor oder den gemischten Chor über", erläutert Vereinsvorsitzende Susanne Luft.

Junge Menschen zum Singen im Verein zu motivieren ist keine leichte Aufgabe „gerade nach der Pandemiezeit heißt es Aufbauarbeit zu leisten. In den beiden vergangenen Jahren sind dem Chor denn auch die Jungs abhandengekommen, United Voices ist daher zurzeit ein reiner Mädchenchor“, berichte Susanne Luft.

Lange Zeit wurde der Jugendchor von Jana Böhme geleitet. Berufsbedingt hat sie aufhören müssen, seit einigen Wochen führt nun Patrick Schauermann den Taktstock und das tut er mit großem Erfolg.

Nach nur wenigen Chorproben haben es die Mädchen schon erstaunlich weit gebracht, auch wenn teilweise noch ein wenig die Sicherheit fehlt.

Bei ihrer Interpretation von „Still“ von Jupiter Jones bringen die Mädchen sehr behutsam ihre Emotionen ein. Beim nächsten Lied, ‚Shotgun‘ von George Ezra, kommt die Stimmung eines jungen Menschen, der sich auf eine weite Reise begibt, schon wunderbar rüber. Auf ihren Auftritt beim Liedernachmittag in der Friedberger Stadthalle freuen sich die Mädchenheute schon.

Ein Lied des Chores ist auf der YouTube Seite des Wetteraukreises schon jetzt zu sehen und zu hören.

Interview mit Chorleiter Patrick Schauermann – „Das Kulturgut Singen wird nicht mehr so geschätzt!“

Herr Schauermann, Sie leiten ja eine ganze Reihe von Chören, gibt es da eine Altersgrenze?

Nein, singen kann eigentlich jeder, dafür gibt es keine Altersgrenze, denn singen ist wie lesen und schreiben, man kann es lernen. Wer allerdings noch nie gesungen hat, kann nicht so einfach in einem Chor mitsingen.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen?

Wer als älterer Mensch noch nie gesungen hat braucht zunächst einmal individuellen Gesangsunterricht. Singen lernen braucht die Rückmeldung eines Menschen, der das beurteilen kann. Man braucht die Information, „übe mal so!“ oder „versuch mal jenes!“. Unter Anleitung lernt man die theoretischen Grundlagen kennen, bekommt Hilfestellungen etwa den Mund weiter zu öffnen um den Resonanzraum zu vergrößern.

Und wie ist das bei Kindern?

Bei Kindern sei das natürlich anders, die muss man nicht mit theoretischen Fragen belasten, die machen das ganz intuitiv. Die Grundlagen muss man mehr verbildlichen, wie zum Beispiel: „Stell dir eine Kerze vor und blase sie ruckartig aus, oder lasse mal flackern.“

Was passiert, wenn die Jugendlichen in den Stimmbruch kommen?

Ich plädiere dafür die Jugendlichen weiter singen und nicht pausieren zu lassen. Wir helfen ihnen damit auch durch den Stimmbruch zu kommen. Wenn während des Stimmbruchs pausiert wird, haben viele Jugendliche nachher ein Problem ihre Stimme wieder zu finden. Natürlich muss man in Fällen starken Stimmbruchs auch mal die Literatur anpassen. Da geht eben nicht mehr alles.

Warum wird bei uns zu wenig gesungen?

Die Frage kann ich auch als Chorleiter nicht so leicht beantworten. Fest steht, dass Eltern ihren Kindern weniger vorsingen, und das schon in der zweiten und dritten Generation.

Mit welchen Konsequenzen?

Wenn Kindern nicht vorgesungen wird, dann werden sie selbst als Eltern ihren Kindern auch nicht mehr vorsingen. In anderen Ländern ist das ganz anders. Mit dem Chor Mixed Voices hatten wir ja vor zwei Jahren ein Konzert in Manila auf den Philippinen. Da wird den ganzen Tag gesungen, die Eltern singen mit ihren Kindern, wenn Menschen zusammen sind, fängt einer an und die anderen fallen in das Lied ein. Da ist Singen völlig normal und gehört zum Alltag.

Das ist bei uns schon lange nicht mehr so?

Bei uns in Deutschland ist die Wertschätzung für das Kulturgut einfach nicht mehr so vorhanden, wie das früher einmal der Fall war. Den Eltern komme es auf andere Sachen an, weniger auf die musikalische Bildung der Kinder.

Veröffentlicht am: 08. August 2022